Wie Pferde mit Hitze umgehen – Thermoregulation verstehen

Wie Pferde mit Hitze umgehen – Thermoregulation verstehen

Steigende Temperaturen stellen nicht nur uns Menschen, sondern auch unsere Pferde vor große Herausforderungen. Anders als wir können sie sich bei Hitze nicht einfach ausziehen oder ins Freibad gehen. Umso wichtiger ist es, als Pferdehalter zu verstehen, wie Pferde mit Hitze umgehen, wie ihre Thermoregulation funktioniert – und wo die natürlichen Grenzen dieses Systems liegen.

Die Thermoregulation beim Pferd: Ein Überblick

Thermoregulation beschreibt die Fähigkeit eines Organismus, seine Körpertemperatur in einem bestimmten Bereich konstant zu halten – unabhängig von der Außentemperatur. Beim Pferd liegt die normale Körpertemperatur zwischen 37,5 °C und 38,2 °C. Steigt sie über 40 °C, kann es kritisch werden – etwa im Fall eines Hitzeschlags.

Pferde regulieren ihre Körpertemperatur hauptsächlich über:

  • Schwitzen

  • Atmung

  • Durchblutung der Haut

  • Verhaltensanpassung (Schatten aufsuchen, Aktivität reduzieren)

Schwitzen – das wichtigste Kühlsystem des Pferdes

Pferde schwitzen deutlich intensiver als viele andere Tiere. Anders als Hunde oder Katzen besitzen sie hochaktive Schweißdrüsen, die das Tier beim Training, Stress oder hohen Umgebungstemperaturen aktivieren kann. Der Schweiß verdunstet auf der Haut und entzieht dem Körper dabei Wärme – das Prinzip ist identisch mit dem beim Menschen.

Allerdings enthält Pferdeschweiß große Mengen Elektrolyte (Natrium, Kalium, Chlorid, Kalzium, Magnesium). Ein erhöhter Schweißverlust – etwa bei Bewegung im Sommer oder im Hänger – führt schnell zu Elektrolytverlust, was Kreislaufprobleme, Muskelverspannungen und Leistungsschwäche verursachen kann.

Tipp: Pferde, die viel schwitzen, sollten regelmäßig mit einem elektrolythaltigen Ergänzungsfutter unterstützt werden – insbesondere bei Training, Transport oder Turnieren im Sommer.

Wärmeabgabe über die Haut und Atmung

Auch die vermehrte Durchblutung der Haut spielt eine Rolle: Die Blutgefäße weiten sich, um überschüssige Wärme über die Haut abzugeben. Das ist vor allem bei ruhenden Pferden wirksam. Zusätzlich atmen Pferde bei Hitze schneller, um über die Atemluft ebenfalls überschüssige Wärme abzuführen – wenn auch in deutlich geringerem Maße als über die Verdunstungskälte.

Wie viel Hitze verträgt ein Pferd?

Pferde sind erstaunlich hitzeresistent – aber nur, wenn sie genügend Wasser, Schatten und Ruhe haben. Gesunde Pferde können sich bei bis zu 30 °C noch gut selbst regulieren. Steigt die gefühlte Temperatur (durch hohe Luftfeuchtigkeit) oder kommt körperliche Belastung hinzu, geraten selbst fitte Pferde schnell an ihre Grenzen.

Ein wichtiger Messwert ist der sogenannte Heat Index – also die Kombination aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ab einem Index von über 150 (z. B. 30 °C bei 60 % Luftfeuchtigkeit) kann es bereits kritisch werden.

Grenzen der Thermoregulation: Hitzestress & Hitzeschlag

Wenn das Pferd seine Körpertemperatur nicht mehr ausreichend regulieren kann, droht Hitzestress – im schlimmsten Fall sogar ein Hitzeschlag, der lebensbedrohlich ist.

Anzeichen für Überhitzung beim Pferd:

  • Starkes, anhaltendes Schwitzen (oder plötzlich kein Schweiß mehr)

  • Erhöhte Atemfrequenz, flache Atmung

  • Erhöhte Herzfrequenz

  • Apathie, Mattigkeit

  • Zittern, Kreislaufprobleme

  • Dunkler, konzentrierter Urin

Maßnahmen bei Überhitzung:

  • Pferd sofort aus der Sonne bringen

  • Kühlung mit Wasser (Beine, Brust, Hals, ggf. ganzkörper)

  • Trinken anbieten (lauwarmes Wasser, ggf. mit Elektrolyten)

  • Tierarzt rufen, wenn Symptome nicht rasch abklingen

Was du im Sommer beachten solltest

Damit dein Pferd auch bei heißen Temperaturen gut zurechtkommt, kannst du mit einfachen Maßnahmen vorbeugen:

1. Ausreichend Wasser bereitstellen

Ein Großpferd benötigt bei Hitze mindestens 30–50 Liter Wasser pro Tag – bei Arbeit sogar deutlich mehr. Mehrere Tränken, regelmäßig gereinigt, sind Pflicht.

2. Schattenplätze auf der Weide

Bäume, Unterstände oder Sonnensegel sind essenziell. Pferde müssen selbst entscheiden können, ob sie Sonne oder Schatten bevorzugen.

3. Bewegung in die kühlen Stunden verlegen

Reite früh morgens oder am Abend. Vermeide intensive Arbeit bei starker Hitze – besonders bei hoher Luftfeuchtigkeit.

4. Elektrolyte gezielt zufüttern

Ideal bei hohem Schweißverlust, Transporten oder Belastung. Aber bitte nur als gezielte Ergänzung, nicht dauerhaft ohne Bedarf.

5. Decken vermeiden

Selbst dünne Fliegendecken können bei falscher Materialwahl zur Hitzefalle werden. Setze lieber auf atmungsaktive, leichte Varianten oder lass das Pferd bei Bedarf ganz ohne Decke laufen.

Fazit: Hitze verstehen heißt besser handeln

Pferde verfügen über ein ausgeklügeltes System zur Temperaturregulation – doch dieses kommt bei extremen Bedingungen schnell an seine Grenzen. Als verantwortungsbewusster Pferdehalter ist es wichtig, diese Mechanismen zu verstehen und die Haltung sowie das Training im Sommer entsprechend anzupassen.

Denn: Gute Thermoregulation ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis artgerechter Haltung, durchdachter Fütterung und achtsamen Managements.