Welches Gebiss ist das richtige für mein Pferd? - So weißt du, dass es passt!
Welches Gebiss ist das richtige für mein Pferd?
Ein Gebiss ist so scharf wie seine Reiterhand! Daher macht es für mich persönlich wenig Sinn, scheinbar scharfe Gebisse zu verurteilen oder weniger scharfe Gebisse anzupreisen, da auch scheinbar weiche Gummigebisse im Pferdemaul Schaden anrichten können und dem Pferd Schmerzen zufügen können. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Reiter sich mit Gebissen auskennen und über die Wirkungsweise der verschiedenen Gebisse Bescheid wissen, denn nur so bekommt man ein gesundes und solide ausgebildetes Pferd, dass beim Reiten zufrieden ist und Freude an der Arbeit hat. Doch um beurteilen zu können, welches Gebiss das richtige für mein Pferd ist, muss ich erst einmal herausfinden, was der Markt an Gebissen so hergibt und wie sie im Pferdemaul mechanisch wirken.
Merke dir daher stets: Jedes Gebiss hat das Potential dein Pferd zu verletzen. Grobes, dauerhaftes und ruckartiges Anziehen der Zügel ist also – egal bei welchem Gebiss – ein absolutes No-Go!
1. Welche Gebisse gibt es überhaupt?
Der Markt für Gebisse hat sich in den letzten Jahren stark verändert und ist stetig gewachsen, so dass es schwer fällt hier überhaupt einen Überblick zu bekommen. Lass dich nicht von toll klingenden besonders ausgefallenen Namen beeinflussen, sondern überlege auf welchem Ausbildungsstand du und dein Pferd sind, wie die Anatomie des Pferdmauls ist und wie sensibel dein Pferd im Maul ist. Denn das sind die wichtigsten Informationen für die Wahl eines Gebisses.
Um das wirklich abzuklären, rate ich einen Blick ins Pferdemaul zu wagen, denn von außen kann man keine Schlüsse auf die Passgenauigkeit eines Gebisses für ein Pferdemaul geben. Bei Schwierigkeiten das richtige Gebiss zu finden, kann es Sinn machen, zusammen mit der Zahnkontrolle von einem Tierarzt oder Zahnspezialisten Zähne und Gebiss gleichzeitig kontrollieren zu lassen. Der Aufwand lohnt sich, das passende und richtige Mundstück für dein Pferd zu finden!
2. Gebissformen und Mundstücke
2.1 Einfach und zweifach gebrochene Mundstücke
Einfach gebrochene und zweifach gebrochene Gebisse wie zum Beispiel die klassische Wassertrense stellen die beliebteste und häufigste verwendete Gebissform dar. Das Mundstück besteht aus zwei gleichlangen Schenkeln, die durch ein bewegliches Gelenk miteinander verbunden sind. Diese Gebissart wird gerne für die Ausbildung von jungen Pferden verwendet, da sie eine weiche Verbindung zwischen Pferdemaul und Reiterhand bei richtiger Reitweise ermöglicht. Gleichzeitig kann der Reiter aber präzise Hilfen geben. Das Gebiss liegt im zahnlosen Bereich des Pferdemauls. Die Trensenringe sind beweglich. Aufgrund der beweglichen Ringe kann es jedoch passieren, dass die Maulwinkel des Pferdes eingeklemmt werden oder sich aufgrund der Abnutzung scharfe Kanten an den Löchern im Mundstück bilden. Daher sollte man sein Gebiss regelmäßig kontrollieren, ob es noch geeignet ist.
Das doppelt gebrochene Gebiss wird dem einfach gebrochenen Gebiss oft vorgezogen, weil durch den doppelten Bruch das Gebiss sich besser an die Zunge anlegen kann und der Druck dadurch gleichmäßiger verteilt werden soll. Bei zu starker Zügelannahme können sich beim einfach gebrochenen Gebiss die Schenkel zusammendrücken und einen punktuellen starken Druck auf den Gaumen des Pferdes drücken. Bei falscher Reitweise wird der Druck dabei auch über die Zungenränder auf die Laden geleitet. Ein gebrochenes Gebiss wirkt immer einseitig.
2.2 Stangengebiss
Das Stangengebiss besteht aus einer unbeweglichen Strange ohne Gelenk. Vorteil: Der Druck ist im gesamten Pferdemaul gleichverteilt. Nachteil: Es besteht ein ständiger Druck auf die gesamte Zungenbreite auch ohne den Einsatz von Zügelanzug. Jedoch gibt es auch Stangengebisse mit Zungenfreiheit bei denen die anatomische Form dafür sorgen soll, dass erst bei Zügelanzug eine gezielte Druckverteilung über die gesamte Zunge stattfindet. Ein Stangengebiss wirkt immer gleichzeitig, beidseitig, wodurch eine feine und zielgenaue Hilfengebung schwierig ist. Dieses Gebiss sollte nur mit nachgebenden Hilfen geritten werden und gehört absolut nur in die Verwendung einer erfahrenen und korrekt führenden Reiterhand.
2.3 Olivenkopf
Bei Olivenkopftrensen ist der Trensenring fest am Gebiss fixiert ist. Anders als bei Wassertrensen lassen sich so die Ringe nur nach vorne und hinten bewegen. Der Vorteil ist, dass dadurch ein Einklemmen der Maulwinkel verhindert wird und sich das Gebiss durch seine stabile Lage im Pferdemaul weniger bewegt. Die Olivenkopftrense hat zudem eine leicht seitwärts weisende Wirkung, was vor allem eine Erleichterung für junge Pferde ist, die dadurch die Zügelhilfen leichter verstehen können.
2.4 Kandaren
Die klassische Dressurkandare besteht aus einer Stange, einen Ober- und einen Unterbaum, einer Unterlegtrense und einer Kinnkette Es ist ein ungebrochenes Gebissstück mit einer starken Hebelwirkung. Kleinste Bewegungen der Hand, spürt das Pferd sofort im Maul. Durch das Anspannen der Kinnkette wird Druck auf den Unterkiefer ausgelöst, die Stange übt im Pferdemaul Druck auf Zunge und Lade aus und durch das nach vorne neigen der Oberbäume entsteht Zug auf das Genickstück, wodurch letztendlich Druck auf das Genick kommt. Es ist ein wirklich sehr scharfes Gebiss mit sehr starker Hebelwirkung! Genau deswegen gehört sie auch nicht in Anfängerhände. Erfahrene Reiter nutzen sie zur Verfeinerung der Hilfen, vor allem für die hohen Dressurlektionen, Biegung, Stellung und Versammlung der Hinterhand.
3. Wie erkenne ich das richtige Gebiss für mein Pferd?
3.1 Das richtige Material wählen
Im ersten Schritt sollte man sich überlegen, welches Material das Gebiss haben sollte. Das gängigste Material für Gebisse ist Edelstahl. Diese Gebisse bestehen meistens aus verschiedenen Teilen Eisen, Chrom und Nickel. Es ist geschmacksneutral, hat eine hohe Festigkeit und Härtung durch Nickel. Edelstahl Gebisse glänzen, durch den Chrom-Anteil silber. Ebenfalls häufig verwendet wird Argentan. Es besteht zu unterschiedlichen Teilen aus Kupfer, Nickel und Zink. Es ist geschmacklos und ist silber bis hellgold, je nach Kupferanteil.
Problematisch bei den meisten Gebissen, die im Handel erhältlich sind, ist, dass sie Nickel in relativ hoher Konzentration enthalten. Nickel kann, vor allem an Schleimhäuten, allergische Reaktionen hervorrufen. Wer Alternativen zu nickelhaltigen Gebissen sucht, sollte es mit einem Kupfergebiss versuchen. Eine gute Alternative hierzu ist Aurigan oder Sensogan. Beides sind Legierungen mit hohem Kupferanteil und weitestgehend nickelfrei. Kupfer wirkt zudem antibakteriell und fördert durch seinen süßlichen Geschmack die Speichelbildung und das Kauen der Pferde.
3.2. Die richtige Gebissstärke mit Hilfe des Zwei-Finger-Tests ermitteln
Es ist sehr wichtig, dass das Gebiss zu den Maulgegebenheiten des Pferdes passt. Die Zunge füllt nahezu die gesamte Maulhöhle aus, weshalb der Platz im Maul sehr begrenzt ist. Die richtige Gebissstärke kann man mit Hilfe des Zwei-Finger-Tests ermitteln. Dabei steckt man den Zeige- und Mittelfinger seitlich ins Pferdemaul, wo sich das Gebiss befinden sollte. Spürt man an dieser Stelle eher großen Druck braucht man ein tendenziell schmaleres Gebiss mit einer Stärke von 14-16 mm. Ist der Druck auf die Finger nicht so groß kann man eine Stärke von 16-18 mm wählen. Ein zu dickes Gebiss kann zu Druckstellen und Verletzungen führen, da es zu viel Druck auf das Pferdemaul ausübt.
3.3 Die Gebissweite
Die richtige Gebissweite ermittelt man am besten mit Hilfe des Gebissweitenmessers. Bei einer optimal und korrekt verschnallten Wassertrense sollten rechts und links ca. 5 mm Platz zwischen der Lefze und dem Gebissring sein. Der Gebissring muss frei beweglich sein und darf die Haut am Maulwinkel nicht einklemmen.
Gebisse mit festen Seitenteilen wie zum Beispiel Olivenkopf- Schenkel- oder D-Ring Trensen, sollten immer eine Nummer kleiner als Ringtrensen gewählt werden, damit sie korrekt anliegen und eine optimale Wirkung gewährleistet werden kann.
4. Fazit
Die Position der Zähne, die Zunge, der Gaumen, der Laden und Lefzen, sowie der Abstand von Ober- und Unterkiefer und die Maulbreite sind alles Faktoren, die bei der Wahl des richtigen Gebisses eine wichtige Rolle spielen. Sie sind bei jedem Pferd individuell ausgeprägt und müssen daher auch entsprechend individuell betrachtet werden. Ein Pferd, bei dem das Gebiss nicht passt wird niemals zufrieden und locker ans Gebiss und damit an die Hand herantreten, sondern sich widersetzen, sich herausheben und verspannt laufen. Solche Signale sollte man ernst nehmen und sie nicht auf Frechheit oder Ungehorsam zurückführen. Das Gebiss sollte weich auf der Zunge und am Maulwinkel anliegen. Positive Zeichen, dass das Gebiss gut passt und das Pferd zufrieden ist, kann man an einem kauendem Pferdemaul erkennen, das Schaum gebildet hat. Durch das Kauen wird die gesamte Muskelkette von Kaumuskulatur über Genick, Nackenband, langer Rückenmuskel bis zur Bauch und Hinterhand Muskulatur angeregt und gelöst. Dadurch wird die Muskulatur gelockert und das Pferd kann locker und zufrieden laufen und wird dann auch gern und vertrauensvoll an die Reiterhand herantreten und in richtiger Anlehnung gehen.