Schmerzen beim Pferd – So erkennst du, ob dein Pferd Schmerzen hat
Das Schmerzempfinden der Pferde
Wenn Pferde Schmerzen empfinden, bleibt dies leider oft über lange Zeit unentdeckt. Schuld daran ist, dass Pferde kaum Schmerzreaktionen über den Körper anzeigen, geschweige denn Schmerzlaute so wie andere Tiere von sich geben. Das liegt vor allem daran, dass sie als Fluchttiere es sich nicht erlauben durften, Schwäche zu zeigen, da sie sonst für Raubtiere leichte Beute gewesen wären.
Es ist daher gar nicht so einfach zu beantworten, ob ein Pferd gerade Schmerzen hat.
Hinzu kommt, dass Pferde, so wie wir Menschen auch, sehr unterschiedlich auf Schmerz reagieren und dementsprechend Schmerz auch sehr unterschiedlich zeigen. Am besten ist es daher, dein Pferd gut kennenzulernen. Wenn dein Pferd Schmerzen hat, werden dir kleine Veränderungen an seinem Verhalten sofort auffallen.
Akute Schmerzen:
Akute Schmerzäußerungen, wie zum Beispiel das Lahmen des Pferdes, also wenn es mit einem Bein hinkt und nicht mehr im klaren Takt geht, sind uns Menschen als Schmerzäußerung sichtbar und deshalb auch bekannt. Ähnlich ist es bei Koliken, bei denen Pferde oft starke Schmerzreaktionen wie Scharren und immer wiederkehrendes Wälzen und Hinlegen aufzeigen.
Chronische Schmerzen:
Anders dagegen verhält es sich bei chronischen Schmerzen, die zum Beispiel mit degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates einhergehen. Solche Veränderungen treten eher schleichend ein, so dass unsere Pferde sehr auf unser Feingefühl und unsere Beobachtungsgabe angewiesen sind.
Leider werden sehr viele Schmerzanzeichen immer noch viel zu oft als Unarten oder Widersetzlichkeit des Pferdes interpretiert.
Deshalb solltest du gegenüber Deinem Pferd immer aufmerksam und einfühlsam sein.
Eine der wichtigsten Fragen, die wir uns als Pferdebesitzer daher stellen müssen ist, wie erkenne ich eigentlich, dass mein Pferd Schmerzen hat? Was sind typische Anzeichen dafür?
Verhalten bei akuten Schmerzen:
- Lahmen
- Zittern
- Zum Bauch schauen/ umdrehen bei Kolik
- Mit den Beinen scharren
- Verspannter, eingezogener Bauch. (Es sieht aus als würde das Pferd die Luft anhalten)
- Entlastungshaltungen, wie z.B. ein Bein nach vorne rausstellen, Beine vermehrt schonen oder das typische Nach-Hinten-Lehnen eines an Rehe erkrankten Pferdes
Verhalten bei chronischen Schmerzen:
- Bei Druck wird der Rücken weggedrückt und auf das Putzen wird empfindlich reagiert
- Flehmen oder auffälliges häufiges Gähnen
- wiederholtes Stolpern vorne oder hinten
- ein Wegsacken der Hinterhand
- Zungenspiele oder Aufreißen des Mauls, Zähneknirschen
- Unruhe, Nervosität und Stress, aggressives Verhalten, starkes Schwitzen
- viel und scheinbar grundlos mit dem Schweif oder mit dem Kopf schlägt
- Gewicht verliert oder das Fell matt und glanzlos ist
- Viel Liegen, Teilnahmelosigkeit
Ist es tatsächlich so, dass dein Pferd eines oder mehrere dieser Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum anzeigt, solltest du dies vorsichtshalber von einem Tierarzt, Physiotherapeuten oder Osteopathen abchecken lassen. Lieber den Tierarzt einmal zu viel rufen als einmal zu wenig.
Schmerzen erkennen mit Hilfe des Schmerzgesichtes:
Im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes hat eine internationale Forschergruppe, bestehend aus Tierärzten und Pferdespezialisten ein Beurteilungsschema veröffentlicht, das die Qualität von Schmerzen bei Pferden anhand des Gesichtsausdruckes misst. Genannt wird das ganze Horse Grimace Scale (HGS). Anhand dieser Methode wird das Gesicht des Pferdes genau beobachtet und Veränderungen von Ohren, Augen, Kaumuskulatur, Maul und Nüstern hinsichtlich Schmerzanzeichen interpretiert.
Diese Veränderungen werden anhand einer Skala graduell nach Punkten unterschieden in keine (0), leichte (1) und eine deutliche Schmerzmimik (2).
Der Tierarzt oder Therapeut beurteilt die einzelnen Merkmale der Pferdemimik entsprechend mit den Zahlen, um am Ende alle Punkte zusammenzurechnen.
Anhand der Punktzahl kann die Stärke der Schmerzen abgelesen werden und eine geeignete Schmerztherapie zum Beispiel bei Verletzungen angewendet werden.
Diese Merkmale sind natürlich auch für Pferdebesitzer hilfreich, da sie kleine Veränderungen in der Mimik ihres Pferdes erkennen können und so besser feststellen, ob ein Pferd unter Schmerzen leidet:
Da wir die Verantwortung für unsere Liebsten haben, ist es umso wichtiger unser Auge zu schulen und genau hinzusehen, wenn uns etwas komisch vorkommt. Auch wenn man es oft nicht wahr haben will, ist das erste ungute Gefühl, was wir im Bauch haben oft das richtige. Trainiert daher euren Blick, damit ihr lernt, Schmerzen beim Pferd zu erkennen und euren Pferden eine Stimme geben könnt.